TOKIO TEIL 4
51. Tag (Donnerstag, 19. Oktober 2023)
Wir sind noch ganz schön müde von gestern und haben unseren Füßen den Vormittag frei gegeben. Wir mussten erstmal das ganze Film- und Fotomaterial vom gestrigen Tag anschauen und verarbeiten. Nachmittags sind wir dann doch nochmal losgezogen und haben uns das Viertel Akihabara angeschaut. Es wird auch „Electric Town“ genannt, denn hier gibt es Elektrohändler wie Sand am Meer. Von kleinen Straßenständen bis hin zu mehrstöckigen Kaufhäusern ist hier alles an Elektronik und Technologie zu bekommen. Zusätzlich gibt es hier unzählige Spielhallen. Da ist von den allseits beliebten Greifautomaten bis hin zu Gaming-, Kampf- und Rennspielen alles dabei. Wir haben uns auch mal am Greifautomaten versucht. Ein Spiel kostet 100 Yen (60 Cent). Leider sind wir kläglich gescheitert und uns sicher, dass die Automaten auch nicht wirklich darauf ausgelegt sind, einen gewinnen zu lassen. Der Greifarm packt mit so wenig Spannung zu, dass ich mich ehrlich frage, ob überhaupt schon mal irgendjemand was gewonnen hat. Wir haben niemanden etwas herausholen sehen, aber alle scheinen es zu spielen und zu lieben! Dabei scheint es egal zu sein, ob man nur eine Packung Instant- Nudelsuppe, ein Plüschtier oder irgend eine Sammelfigur herausholt. Die Japaner stehen einfach auf ihre Spiele.

Auf der Straße sieht man einige Japaner in Kostümierung. Die einen sind die sogenannten Otaku: Fans von Videospielen, Anime und Manga, die sich gerne wie ihr Lieblingsheld oder Heldin verkleiden. Akihabara scheint das Viertel zu sein, wo sie sich gerne präsentieren. Daneben gibt es sehr viele junge Frauen die für die sog. Maid Cafes werben. Es handelt sich dabei um Cafes, in denen Frauen in Dienstmädchenoutfits bedienen. Die ganze Sache hat schon irgendwie etwas perverses an sich, finde ich. Angeblich wird dort nur kostümiert Kaffee serviert. Ich habe aber auch schon gesehen, dass die Mädchen mit ihren kurzen Röcken beim bedienen auf Treppen steigen, damit man ihnen unter den Rock schauen kann. Hier tut sich dann doch noch eine dunkle Seite Japans auf, die wir bis jetzt nicht kennengelernt haben. Das Frauenbild der Japaner finde ich leider sowieso etwas zeifelhaft. Entweder geht es, wie in vielen Animes und Mangas gezeigt, in Richtung Sexbombe mit übernatürlich großen Brüsten, oder (was ich fast noch schlimmer finde) in Richtung Kindchenschema: jung mit großen Kulleraugen, alles verniedlicht und kurzem Schulmädchenrock. Ich finde beides schwierig, um ehrlich zu sein. In vielen der Läden gab es eben genau diese Figuren zu kaufen und man fragt sich schon, warum Erwachsene sowas sammeln. Bei den verkleideten Frauen auf der Straße hat sich auch Chris unwohl gefühlt, besonders wenn sie uns angesprochen und Flyer anbieten wollten.
Fazit: Es war mal spannend zu sehen, aber unser Lieblingsviertel wird Akihabara wohl eher nicht.

52. Tag (Freitag, 20. Oktober 2023)
Heute haben wir uns nochmal die Kappabashi Street vorgenommen. Die Straße mit den ganzen Küchengeräten und dem Plastikessen. die Läden hatten letztes Mal fast alle geschlossen, deswegen haben wir dem Viertel heute nochmal einen Besuch abgestattet. Unglaublich wie realistisch die Plastiklebensmittel aussehen! Man möchte am Liebsten alles anfassen und mitnehmen. Die große Schüssel mit Nudelsuppe und integriertem Stiftehalter wird nicht ins Gepäck passen aber eine Kleinigkeit musste ich dann doch mitnehmen. Ich habe einen tollen Edamame Schlüsselanhänger erstanden und wir sind noch durch ein paar Geschäfte geschlendert.



Weiter ging es nach Roppongi. Hier bestimmen IT Firmen mit großen verglasten Gebäuden das Stadtbild. In den sog. Roppongi Hills gibt es in erster Linie teure Modeläden und Restaurants. Der Mori Tower hatte einen schönen Garten und eine tolle Architektur. Dort hätte man das Sky Deck besuchen können, um einen Blick auf Tokio zu werfen. Wir haben diese Attraktion aber ausgelassen, denn Ausblicke hatten wir von hoch oben schon genug. Wir haben uns das Eintrittsgeld lieber gespart und sind zu Fuß zum Tokio Tower gelaufen. Im Sonnenlicht leuchtet er besonders schön rot und hat uns irgendwie an den Eiffelturm erinnert.


Weiter durch den Park kamen wir zum Zojo- Ji Tempel. Einem riesigen buddhistischen Tempel im Herzen Tokios. Neben dem großen roten Eingangstor lohnte sich auch ein Blick in die Haupthalle. Hier herrscht durch das viele Gold, die indirekte Beleuchtung, den Weihrauch und dem Gesang des Priesters eine ehrfurchtseinflößende Stimmung. Das Schönste waren allerdings die kleinen Steinfiguren neben dem Schrein, die sog. Jizo- Statuen. Sie tragen selbstgestrickte rote Mützen und Lätzchen und daneben sind Windräder aufgestellt. Sie gelten als Schutzpatrone für Kinder und deren Gesundheit, aber auch als Symbol für verstorbene Kinder. In der japanischen Mythologie verbleiben Seelen von Kindern, die vor ihren Eltern sterben, in einer Art Zwischenwelt gefangen, da sie den Fluss Sanzu ins Jenseits nicht alleine überqueren können. Der Schutzgott soll ihnen dabei helfen, den Fluss zu überqueren und ins Jenseits zu finden. Schön und traurig zugleich war der Anblick der hunderten Figuren mit den roten Kappen und den laufenden Windrädchen. Manche hatten schon Moos angesetzt, andere wirkten ganz neu. Wir finden, dass das auch eine schöne Art von Glaube und vor Allem Trauerbewältigung sein kann.
Anschließend sind wir zurück in unsere Unterkunft. Unglaublich, dass morgen schon unser letzter Tag in Tokio sein wird!

53. Tag (Donnerstag, 21. Oktober 2023)
Unser letzter Tag in Tokio und auch in Japan. Ehrlich gesagt haben wir auch gar nicht mehr groß was unternommen. Einerseits, weil wir alles gemacht und gesehen haben, was wir wollten, andererseits weil wir morgen schon um 4:30 Uhr morges aufstehen müssen, um zum Flughafen zu fahren.
Wir haben noch die finale Orga für den Flug und die ersten Tage in Vietnam erledigt. Tatsächlich braucht man, um nach Vietnam einreisen zu dürfen, ein Weiterflugticket, ansonsten bekommt man kein Visum. Unser Plan wäre es ja evtl. den Großteil der Strecke mit dem Zug zurückzulegen, wenn das möglich ist. Wir wissen auch noch nicht, wann und wie wir dann weiterreisen wollen. Dieses Problem hatten wohl auch schon andere Reisende vor uns! Deswegen kann man online ein Flugticket für umgerechnet 12 Euro „reservieren“, das für einen bestimmten Flug an einem bestimmten Tag datiert ist. Das zeigt man bei der Einreise vor und es wird innerhalb von 48 Stunden wieder storniert. Eigentlich schwachsinnig, aber die vietnamesischen Behörden sind zufrieden, wir dürfen einreisen und haben nur ein paar Euros verloren. So ist es völlig legal und wir müssen uns noch nicht festlegen.

Wir haben den restlichen Tag noch mit Postkarten schreiben, abschicken und Packen verbracht (in 2 Wochen breitet man sich doch ganz schön aus). Irgendwie hat wieder alles in die Rucksäcke gepasst. Abends gabs dann nochmal leckeres Sushi 🙂 das kriegen wir so schnell wahrscheinlich nicht mehr. Wir hatten eine richtig tolle Zeit in Japan und werden das ein oder andere mit Sicherheit vermissen.

Japan ist für uns:
> Höflichkeit und Benehmen
> schlaue Innovationen
> Technik auf dem höchsten Level
> der perfekte Mix aus Kultur und Moderne
> niedliche Maskottchen und Kinder
> Sauberkeit und High Tech Toiletten
Pros:
+ in Sachen Sauberkeit und Ordnung sind die Japaner nicht zu übertreffen
+ die Toiletten mit beheitztem Sitz und Bidet in Körpertemperatur sind einfach toll und hygienisch! Daran könnten wir uns sofort gewöhnen und hätten das auch gerne in Deutschland!
+ extra Plus für die Toiletten in der Öffentlichkeit! So sauber wie wahrscheinlich nirgends sonst.
+ Die Höflichkeit und Hilfsbereitschaft der Japaner ist wunderbar
+ Leckeres Essen (besonders Sushi)
+ Tolle Schnellzüge
+ Jede Stadt und Region sehr abwechslungsreich
+ man wird normal behandelt und nirgendwo angestarrt

Cons:
– durch den Perfektionsdrang werden teilweise Prozesse unnötig in die Länge gezogen und könnten schneller abgearbeitet werden. Es wird eher an einem vorgegebenen Arbeitsschema festgehalten, als „etwas weg zu lassen“, um schneller und effizienter zu sein.
– Teilweise hatten wir das Gefühl, dass man „Angst“ vor uns hatte (ich glaube wir sind zu groß und oft zu laut für die Japaner). Wenn wir uns auf der Straße unterhalten haben und ein paar Meter vor uns Japaner waren, sind sie oft stehengeblieben und haben uns vorbeigelassen und dabei recht verschreckt gekuckt.
– komisches Frauenbild (besonders in Anime und Manga)
